Winfried Bachmann - Pädagogik ohne NLP- geht denn das (Artikel aus NLP aktuell 5-96).pdf

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Bachmann – Pädagogik ohne NLP – geht denn das?
Pädagogik ohne NLP –
geht denn das?
für Wirtschaft), die „Lernautobahn“ folgt
jedoch immer noch dem Muster, welches
der Journalist Tracy Kidder auf treffende
Weise beschrieben hat: „Das Problem ist
grundlegend. Man setze zwanzig oder
mehr etwa gleichaltrige Kinder in einen
kleinen Raum, zwänge sie in Schulpulte
ein, lasse sie in Reihen antreten und war-
ten, bringe ihnen Benehmen bei. Es ist, als
habe ein Geheimbund – den der Nebel
der Geschichte verschluckt hat – eine Stu-
die mit Kindern angestellt und herausge-
funden, was die meisten von ihnen mit
dem größten Widerwillen taten, und er-
klärt, daß sie alle es tun müßten.“ (Kidder,
zitiert in Gardner 1993, S. 176 f.)
Die Zeit ist reif für weitere Ideen und
neue Wege: Dies zeigt sich u.a. in der
großen Beliebtheit von therapeutischen
und psychologischen Themen in der Öf-
fentlichkeit. Es gibt keine Zeitschrift, die
es sich erlauben dürfte, nicht auch diese
Themen ihren Lesern zu präsentieren.
Sollte da nicht auch die Schule endlich
Farbe bekennen und ihre passive, restrik-
tive Haltung gegenüber neueren lernrele-
vanten Ansätzen aufgeben und sich um
ein weiter gefaßtes Spektrum menschli-
chen Lernens und Erlebens bemühen?
Denn was die Verantwortlichen bei
ihren Anstrengungen um eine „klare“,
theoretisch fundierte Linie im Bildungs-
wesen nicht bedenken, ist, daß sie mit
ihren Bemühungen leider auch vielen för-
derlichen Impulsen den Weg versperren.
Und diese Impulse sind notwendiger
denn je angesichts der dynamischen Ver-
änderungen in Wirtschaft und Gesell-
schaft. Dort wird tagtägliche Verände-
rungsbereitschaft und -fähigkeit abver-
langt, wohingegen „die Schule“ noch ei-
nem recht statischen Ideal von Lernen an-
hängt.
VON WINFRIED BACHMANN
D
as Neurolinguistische Program-
mieren wurde Mitte der 70er Jahre
von amerikanischen Psychotherapeuten,
allen voran von Richard Bandler und John
Grinder, entwickelt; der Name „NLP“ ist
ein Versuch, die wichtigsten Zusammen-
hänge im kommunikativen Geschehen in
einem einzigen Ausdruck zusammenzu-
fassen:
N = „Neuro-“ deutet darauf hin, daß
die entdeckten Muster im menschli-
chen Nervensystem, d.h. auf neuro-
logischer Ebene, ablaufen,
„Berührungsängste“ zwischen der Psy-
chotherapie und anderen Bereichen, wie
etwa Wirtschaft oder auch Pädagogik,
wohingegen vor allem im deutschsprachi-
gen Raum auch heute noch etliche Vorbe-
halte die Akzeptanz und weitere Verbrei-
tung derartiger Konzepte hemmen. Diese
Aussage gilt vorrangig für den schulischen
Bereich, weniger für die betriebliche Wei-
terbildung, wo sich u.a. mit Transaktions-
analyse und Themenzentrierter Interakti-
on, schon verschiedene psychotherapeu-
tische Konzepte erfolgreich bewährt ha-
ben.
In der Lehrerbildung dominieren nach
wie vor Vorstellungen über das Lernen,
die Lernen als eine recht festgefügte, klar
zu strukturierende und zu organisierende
Veranstaltung verstehen. Vorstellungen,
die Lernen „anders“ auffassen, werden
nur sehr zurückhaltend aufgenommen.
Man denke nur an die Diskrepanz zwi-
schen der Gauss’schen Normalvertei-
lungskurve, welche vielen schulischen
Lernbeurteilungen zugrundeliegt, und
dem von Peter Kline beschriebenen „all-
täglichen Genie“, welches in jedem Men-
schen schlummert und nur darauf wartet,
geweckt zu werden (vgl. Kline 1995;
Schmidt-Brodersen/Marwitz 1995; Mar-
witz 1996).
Meiner Ansicht nach liegt die Zurück-
haltung gegenüber anderen Lernvorstel-
lungen zum einen in der Angst begründet,
durch unerwünschte (fragwürdige) Ein-
flüsse die Jugendlichen in den Schulen zu
gefährden, zum anderen sind aber auch
entwicklungshinderliche Kräfte wirksam,
welche ein Überdenken des gängigen
Lernparadigmas schlichtweg verhindern
(wollen). Sicherlich gibt es verschiedene
Modernisierungsbestrebungen im Bil-
dungsbereich (z.B. handlungsorientierte
Konzepte des Lehrens und Lernens, Er-
lebnispädagogik, die Öffnung der Schule
L =
„Linguistisches“ betont die über-
ragende Bedeutung der Sprache,
mit deren Hilfe die Muster bezeich-
net und verändert werden können
und
P =
„Programmieren“ soll einerseits
darauf hinweisen, daß wir für unser
Denken und Handeln immer schon
auf Programme, Modelle unserer
Welt, zurückgreifen und daß ande-
rerseits diese Modelle verändert
werden und dadurch neue Wahl-
möglichkeiten im Denken, Fühlen,
Lernen etc. erworben werden kön-
nen.
Und wieder ein therapeutisches
Modell für die Pädagogik?
In der Folgezeit gelang in den USA die
Übertragung aus dem psychotherapeuti-
schen Anwendungsfeld auf andere Hand-
lungsfelder relativ schnell und problem-
los, wohingegen in Europa, vor allem im
deutschsprachigen Raum, das NLP-Kon-
zept lange Zeit auf den ursprünglichen
Kontext beschränkt blieb. Erst im letzten
Jahrzehnt hat sich auch hier auf breiter Ba-
sis ein Umdenkungsprozeß eingestellt
und das NLP nach und nach in anderen
Tätigkeitsfeldern an Gewicht gewonnen.
Die Erklärung für diesen „time-lag“ ist
denkbar einfach: In den USA bestanden
und bestehen keine derart großen
Woher stammen die Vorbehalte,
die insbesondere dem NLP
entgegengebracht werden? Was
erschwert dessen Akzeptanz in
weiten Kreisen der Pädagogik?
Die Vorbehalte, die insbesondere dem
NLP gegenüber geäußert werden, könn-
ten damit zusammenhängen, daß dieses
Konzept anfangs zu Unrecht in den Ver-
dacht geriet, nur eine populistische Mo-
deströmung darzustellen. Sicherlich, die
Begründer des NLP haben ihren Teil dazu
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Bachmann – Pädagogik ohne NLP – geht denn das?
beigetragen, daß dieser Eindruck entste-
hen konnte, andererseits sind aber auch
Fehldeutungen erfolgt, die sich hartnäckig
halten und auch heute noch in Gutachten
und Stellungnahmen zum NLP ihr Eigen-
leben fristen. Ein Blick in die Entwick-
lungsgeschichte des NLP mag dieses
„Wechselspiel der Mißverständnisse“ er-
läutern.
Es wird vielfach übersehen, daß es das
NLP nicht von Anfang an als Gesamtkon-
zept gab. Bandler und Grinder hatten ihre
Ziele ursprünglich gar nicht so hoch ge-
steckt, sondern mit ihren ersten beiden
Büchern lediglich Lehrbücher für die the-
rapeutischen Praktiker schreiben wollen.
In diesen wollten sie ihre aus den Verhal-
tensbeobachtungen von Fritz Perls, Virgi-
nia Satir, Milton Erickson u.a. gewonne-
nen Erkenntnisse zusammengefaßt dar-
stellen. Erst der große Erfolg ihrer Bücher
bei den Praktikern führte dann dazu, daß
das NLP über den therapeutischen Kon-
text hinausgehend bekannt wurde und
schließlich als Kommunikations- und
Lernmodell auch in anderen Tätigkeitsfel-
dern Anwendung fand.
Bedenkenswert bei der weiteren Aus-
breitung des NLP ist, daß trotz des sich er-
weiternden Zielrahmens auch alle nach-
folgenden Bücher in erster Linie nützliche
Lösungen für Praktiker anbieten wollten
... und von Praktikern nach wie vor Beifall
für ihre Bemühungen erhielten.
Vielleicht haben Bandler, Grinder und
andere NLP-Autoren den sich mit dem
Bekanntwerden des Ansatzes anbahnen-
den Theorie-Praxis-Konflikt erkannt – so
könnte man z.B. die von ihnen gern zitier-
te Bemerkung verstehen, sie seien keine
Theoretiker, sondern Modellbauer –,
aber es lag lange Zeit nicht in ihrem Inter-
esse, diesen Konflikt anzugehen und den
Zwiespalt aufzulösen. Zudem ergab sich
aus ihrer eigenen pragmatischen Perspek-
tive heraus keine Notwendigkeit, nun die
Theorien nachzuliefern, nachdem sich
die Funktionstüchtigkeit der Modelle in
der Praxis bewährt hatte.
Möglicherweise liegt hier ein Grund
verborgen, weshalb manche Wissen-
schaftler sich mit dem NLP-Konzept so
schwer anfreunden können; die Tatsa-
che, daß ihnen kein Ansatz „in ihrer eige-
nen Wissenschaftssprache“ vorgelegt
wurde, hat sie noch lange nicht dazu be-
mene Urteil der mangelhaften Überprüf-
barkeit der Annahmen hätten auch ande-
re, wissenschaftlich anerkannte Ansätze
erlitten. Der Eindruck drängt sich auf, daß
in diesen Untersuchungen – wie auch im
Grawe-Gutachten, wo die mangelnde
Wirksamkeit vieler therapeutischer An-
sätze angemahnt wurde – der grundle-
gende forschungsmethodische Streit zwi-
schen ganzheitlicher und elementarer Be-
trachtungsweise von Ansätzen seine Fort-
setzung findet (vgl. dazu Schneider 1995).
Es ist augenscheinlich, daß aber mit
dem allmählichen Ausweiten des Zielho-
rizonts sowie der daraus erwachsenden
Ansprüche das NLP-Konzept und auch
seine Vertreter ihre Beziehungen zu Wis-
senschaft und Wissenschaftlern neu defi-
nieren müssen; manche NLP-Vertreter
haben erste Schritte in diese Richtung
vollzogen, wenn sie das NLP als „Wissen-
schaft vom subjektiven Erleben“ bezeich-
nen und damit nunmehr einen wissen-
schaftlichen Anspruch im eigentlichen
Sinne erheben, der aber durch die Be-
zeichnung ihres Forschungsgegenstands,
als der des „subjektiven Erlebens“, deut-
lich kennzeichnet, daß dieser Gegen-
stand nicht nur mit den Methoden tradi-
tioneller Forschung behandelt werden
kann, sondern im Laufe der Zeit eine eige-
ne Methodik entwickeln muß. Erste
Schritte in diese Richtung sind schon un-
ternommen worden (vgl. Bachmann
1990, 1991; Weerth 1993 a u. b).
Winfried Bachmann
wogen, sich nun selbst in das Feld der
Praktiker zu begeben und den Ansatz mit
„deren Augen lesen zu lernen“. Manche
in der Vergangenheit geübte Kritik am
NLP deutet eher darauf hin, daß hier das
praxisorientierte Konzept zu Unrecht als
wissenschaftlicher Ansatz interpretiert
und zerpflückt wurde.
Andererseits sind auch Bandler und
Grinder nicht ganz unschuldig an dieser
kontroversen Interpretation ihrer Ansich-
ten gewesen. Denn sie haben in ihren
Konzepten schon anerkannte Wissen-
schaftler zur Unterstützung ihrer Aussa-
gen zitiert, deren Ansätze aber mitunter
auf dem Altar ihrer Leitidee des Pragma-
tismus gnadenlos für ihre Zwecke zu-
rechtgestutzt: Das von ihnen propagierte
Gebot der Nützlichkeit der Ansätze hatte
eindeutig Vorrang gegenüber den „reinen
Lehren“. Ein derartiges Vorgehen ist zwar
legitim, es hat aber wohl auch manchen
Wissenschaftler dazu bewogen, eine Lan-
ze für die Ideen eines Kollegen zu bre-
chen.
Die Versuche, das NLP-Konzept empi-
risch zu überprüfen, sind nicht sehr weit
gediehen, weil forschungssystematische
Schwächen dies bisher verhindert haben.
Das Hauptproblem bei diesen Untersu-
chungen war, daß die Experimente sich
am Ideal der Laborsituation orientiert hat-
ten, in welcher möglichst viele Störquel-
len ausgeschlossen werden sollten, um zu
überprüfbaren Ergebnissen zu gelangen.
Diese Versuche widersprachen aber in
schroffer Weise dem ganzheitlichen
Grundverständnis des NLP. Das bei die-
sen Arbeiten regelmäßig herausgekom-
Doch was bietet nun das NLP?
Und worauf gründet es sich?
Aufgrund der bisher beschriebenen Vor-
behalte und Einwände gegen das NLP-
Konzept sei daher dessen Hintergrund et-
was eingehender beleuchtet. Als Leitidee
greift das NLP auf eine Beobachtung
zurück, die – obwohl in der Regel nicht
bewußt – in unzähligen menschlichen
Handlungen große Auswirkungen zeitigt:
Jeder Mensch verfügt über bestimmte
(physiologische, soziokulturelle und indi-
viduumspezifische) Wahrnehmungsfilter ,
mit denen er die ungeheure Vielfalt der
auf ihn einströmenden Informationen aus
der Umwelt selektiert und ihnen spezifi-
sche Bedeutungen zuordnet zum Aufbau
seines subjektiven Weltbildes. In diesem
Prozeß können Wahrnehmungs-„Fehler“
in der Weise auftreten, daß Informatio-
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nen nicht situations- und/oder kontextan-
gemessen kodiert werden und als Folge
davon Menschen sich „anders“ (z.B. ein-
geschränkter) verhalten, als die Umwelt
es zulassen würde.
Mit Lernhandlungen (mit Anpas-
sungshandlungen bis hin zu umwälzen-
den Umstrukturierungen – hier könnte
man auf Piagets Verständnis von Assimila-
tion und Akkommodation zurückgreifen
– vgl. Aebli 1980, S. 96f.) versuchen Men-
schen die erkannten „Defizite“ (Will-Ist-
Vergleich) zu beheben. Sie sind zufrie-
den, wenn ihre Aktivitäten zu dem ge-
wünschten Erfolg führen, wenn sie – an-
ders ausgedrückt – die Informationen „si-
tuationsangemessen“ bewerten konnten;
dieses ideale Ergebnis wird jedoch häufig
gar nicht erreicht, sondern es „hakt“ in
Gesprächen, bei der zeitlichen Planung
einer Aufgabe ist „am Ende der Zeit noch
so viel Aufgabe übrig“, an einem Tag geht
leicht von der Hand, was am nächsten un-
möglich scheint, usw.; diese Ergebnisse
von Handlungen sind im allgemeinen
nicht weiter dramatisch – tragisch wird es
aber, wenn Menschen trotz aller Bemü-
hungen nicht mehr vorankommen, wenn
sie sich zudem außerstande fühlen, die-
sen für sie unbefriedigenden und leidvol-
len Zustand zu ändern.
Derartige ausweglose Situationen tre-
ten in schärfster Form im psychothera-
peutischen Feld auf, denn dort wissen
Menschen wirklich nicht mehr weiter und
suchen deshalb die Hilfe von Therapeu-
ten; in abgeschwächter und modifizierter
Form sind ähnliche Erscheinungen und
Prozesse jedoch auch in jedem anderen
Bereich vorzufinden, in denen Menschen
miteinander kommunizieren oder mit ih-
rer Umwelt in Kontakt treten. Und in allen
diesen Fällen ist die Suche nach Lösungen
unumgänglich.
Grundsätzlich besteht kein Unter-
schied, ob ein Mensch im Zuge eines
Lernprozesses schließlich ein „Aha-Erleb-
nis“ hat, ob ein anderer im Rahmen einer
Werbekampagne plötzlich auf „eine gute
Idee“ stößt, ob ein Dritter im Kundenge-
spräch endlich „den Durchbruch“ erzielt,
ob ein Vierter in einer für ihn verworrenen
Situation „ein Licht am Ende des Dunkels“
erkennt, vielleicht erst in einem Gespräch
zu einem völlig anderen Thema, und ob
ein Fünfter schließlich nach längerem
Probieren den Fehler in komplizierten
Schaltkreisen gefunden hat. – Immer – in
allen genannten Fällen – haben sich für
diese Menschen Fenster geöffnet, die vor-
her verschlossen schienen. Diese „Durch-
brüche“ müssen nicht immer dramatisch
und das ganze Leben umwälzend gesche-
hen, im Grundsatz handelt es sich jedoch
immer um ein und dasselbe Prinzip: Eine
vormals verschlossene Tür hat sich geöff-
net – es hat Lernen stattgefunden!
Das NLP möchte als Ziel jeder Verän-
derungsarbeit dazu beitragen, daß Men-
schen die Fähigkeiten entwickeln, um ihr
persönliches Weltbild systematisch und
konstruktiv zu überprüfen und um sich ggf.
Veränderungen (Wahlmöglichkeiten) zu
erarbeiten. Oder anders ausgedrückt:
NLP untersucht, wie Menschen sich den
Zugang zu ihren Ressourcen eröffnen und
damit Lernen ermöglichen.
Das NLP-Konzept versteht sich als ein
Modell zur Analyse der menschlichen
Kommunikation und des Verhaltens. Da-
bei werden zwei Personengruppen be-
sonders eingehend untersucht, nämlich
Menschen, die etwas besonders gut kön-
nen und Menschen, die etwas (noch)
nicht können.
minarsituationen (vgl. exemplarisch die
als Transkripte vorliegenden Beschrei-
bungen von Workshops – Bandler/Grin-
der 1981; Stahl 1988; Bandler 1995)
tauchte der zweite Personenkreis auf, der
auf besonderes Interesse stößt, und mit
diesem Personenkreis auch das „Vermitt-
lungsproblem“ , d.h. die Frage,
n wie die oben herausgefundenen Stra-
tegien auch anderen Menschen ver-
mittelt werden können?
Dabei bemüht sich das NLP um ein be-
sonders intensives Einfühlen und Verste-
hen des Lehrens und Lernens ; so ist es für
den „Lehrenden“ (ob Therapeut, Dozent,
Lehrer, Weiterbildner etc.) hilfreich, bei
allen Handlungen eines „Lernenden“ da-
von auszugehen, daß dieser Mensch im-
mer die ihm aus seiner gegenwärtigen
Sicht und Problemlage her bestmöglichen
Handlungen ausführt. Zum besseren Ver-
stehen von auftretenden „Lern“-schwie-
rigkeiten könnte ein Lehrender deshalb
mit Fragen arbeiten wie ...
n Welche positive Absicht steht hinter
dem Verhalten der betreffenden Per-
son?
n Was will diese Person erreichen mit
ihrem Handeln?
n Was muß ich tun, damit ich genauso
wenig „X“ kann wie du?
Wie diese Fragen verdeutlichen, ver-
sucht das NLP auch „ungewöhnliche Per-
spektiven“ zu erkunden, um zu neuen Lö-
sungen und Hilfestellungen zu gelangen.
Denn es ist oftmals ja gar nicht damit ge-
tan, Dinge noch einmal auf die gleiche Art
und Weise zu erklären (man denke an
Watzlawicks Kritik des „Mehr-desselben-
Rezepts“ – 1988, 126; vgl. auch Vesters
grundsätzliches Plädoyer für eine Umori-
entierung des Denkens – 1980, 458), viel-
fach sind „verrückte Perspektiven“ gefor-
dert, um Lernprozesse in Gang zu setzen
oder überhaupt interessant und anschau-
lich zu gestalten. Die – hier wortwörtlich
gemeinte – „Fähigkeit des Sich-Verrücken-
Könnens“ , man könnte auch von „Flexibi-
lität im Denken und Handeln“ sprechen,
bildet eine zentrale Stellgröße im NLP-
Konzept. So betonen die NLP-Autoren
immer wieder:
„Wenn das, was ihr gerade tut, nichts
bringt, verändert es. Tut etwas anderes“
(Bandler / Grinder 1981, S. 95 und an vie-
len anderen Stellen).
Zu 1.: Menschen, die etwas
besonders gut können ...!
Zu Beginn der NLP-Entwicklung waren
dies mit Satir, Perls und Erickson Thera-
peuten, die durch ihre außerordentlich
erfolgreiche Arbeit auffielen. Später wur-
den diese Untersuchungen in analoger
Weise mit erfolgreichen Menschen aus
anderen Tätigkeitsbereichen (Topmana-
ger, Staranwälte, Verkäufer und generell
Spitzenkönner – vgl. Schott 1990; Las-
ko/Frenzel 1996) fortgesetzt. Als Leitfra-
gen der Untersuchungen wurden dabei
immer wieder Fragen gestellt wie ...
n Was unterscheidet eigentlich die
Handlungen dieser erfolgreichen
Menschen von denen anderer Men-
schen?
n Wie sind im einzelnen ihre besonde-
ren Strategien beschaffen, was hebt
sie aus der Masse hervor?
Zu 2.: Menschen, die etwas (noch)
nicht können ...!
Mit den Patienten in den therapeutischen
Praxen, später mit vielen Menschen in Se-
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Bachmann – Pädagogik ohne NLP – geht denn das?
„NLP ist nicht eine Reihe von Techni-
ken, sondern eine Einstellung. Es ist eine
Einstellung, die mit Neugierde zu tun hat
und mit dem Wunsch, etwas über neue
Dinge zu lernen, sie zu beeinflussen, und
sie vor allem in einer Weise beeinflussen
zu können, die nützlich ist“ (Bandler
1987, S. 177).
Aus diesen Zitaten wird deutlich, daß
es zu kurz gegriffen wäre, würde man das
NLP „nur“ als Kommunikationsmodell
verstehen. Denn in ihm stecken auch vie-
le Lernimpulse, so daß die Bezeichnung
„Lernmodell“ gleichermaßen Gültigkeit
besitzt. Das NLP-Konzept möchte als lern-
pädagogischer Prozeß betrachtet werden
(vgl. Bandler 1987, S. 19), ein Prozeß, der
in zwei Richtungen Veränderungen bei
Menschen bewirken möchte:
n Zum einen, daß Menschen lernen,
sich selbst Fenster zu öffnen (Er-
werb von „Lernkompetenz“) und
n zum anderen, daß Menschen lernen,
anderen Türen aufzuzeigen, damit
diese sie öffnen können (und auf
diesem Wege „Lehrkompetenz“ zu
erlangen, wenn man Lehren als „zum
Lernen helfen“ versteht – vgl. Straten-
werth 1987, S. 11).
völlig überzeugt ist, daß man wirklich
alles versucht hat – vgl. Cameron-
Bandler/Lebeau 1991, S. 54).
n Wenn man „Verwirrtsein“ und „Ver-
stehen“ als zwei Erlebenszustände
auffaßt, die im Zuge von Lernprozes-
sen immer wieder auftauchen, in der
Regel so, daß man anfangs verwirrt ist
und schließlich versteht, so sind im
Lernprozeß einerseits inhaltliche
(lerngegenstandsbezogene) Klärun-
gen abgelaufen, andererseits haben
sich aber auch die inneren Zustände
im Zeitablauf verändert, denn man
nimmt sich und die Umwelt anders
wahr, wenn man verwirrt ist, als wenn
man versteht. Man hat seine inneren
Vorstellungen, seine Gefühle etc.
ebenfalls modifiziert – und wird im
Grunde genommen bei jedem neu-
erlichen Lernakt ähnliche Modifika-
tionen erneut vornehmen. Was liegt
demnach näher, sich neben dem
Lerngegenstand, dem bisher in di-
daktischen Ansätzen die größte Auf-
merksamkeit geschenkt wurde, auch
einmal mit dem Lernrahmen (Hand-
lungsrahmen, Beziehungsrahmen) zu
beschäftigen?
n Mit Hilfe ihrer Meta-Programme und
Werte filtern Menschen die Informa-
tionsfülle und bestimmen dadurch,
worauf sie ihre Aufmerksamkeit len-
ken wollen. Meta-Programme und
Werte gemeinsam stellen gewisser-
maßen das persönliche „Regelbuch“
eines Menschen dar und bestimmen,
wie das Denken, Wahrnehmen,
Handeln und selbstverständlich auch
das Lernen organisiert werden. Jedes
Meta-Programm stellt gewisserma-
ßen eine Skala zur Verfügung, auf der
ein bestimmter Wert „eingestellt“ ist.
Nun ist dies nicht so zu verstehen, als
ob eine Skaleneinstellung „besser“ als
eine „andere“ sei. Die jeweilige Si-
tuation entscheidet, ob eine Einstel-
lung mehr oder weniger geeignet ist,
um zu einer konstruktiven Lösung zu
gelangen. Wenn beispielsweise „Krea-
tivität“ im Lernprozeß gefragt ist,
dann ist beim Meta-Programm „Be-
ziehungsfilter“ (= achte ich bei einge-
henden Informationen darauf, ob
diese mir schon bekannt sind oder ob
diese für mich neu sind?) die Einstel-
lung „Sortieren nach neuen, unge-
wöhnlichen und verrückten Zusam-
menhängen“ der Einstellung „Sortie-
ren nach schon bekannten Zusam-
menhängen“ eindeutig überlegen
(vgl. Bachmann 1995, S. 130 ff.).
n Gefühle (Emotionen) sind integrale
Bestandteile jedes Lernprozesses.
Generell gilt: Je intensiver die Gefüh-
le sind, um so nachhaltiger wird ge-
lernt. Im allgemeinen unternimmt
man aber keine Anstrengungen, die
eigenen Gefühle zur Unterstützung
des Lernens zu beeinflussen, weil
man diese vielfach als unveränderli-
che Begleitumstände von Lernhand-
lungen betrachtet. Dabei läßt sich
auch das Gefühlserleben in struktu-
rellen Bestandteilen darstellen und
damit besteht die Möglichkeit, Ge-
fühle den eigenen Lebenszielen oder
Lernzielen unterzuordnen, indem
man für geplante Aktionen auch sei-
nen Gefühlszustand beachtet und
ggf. positiv beeinflußt oder auch die
positive Wirkung vermeintlich uner-
wünschter Gefühle entdeckt und
nutzt (Beispiele: Wenn man „ent-
täuscht“ ist, dann ist dies ist ein nützli-
ches Gefühl, um ein Ziel aufzugeben,
sich damit abzufinden und sich ande-
ren, produktiveren Tätigkeiten zuzu-
wenden; ist man hingegen „frustriert“,
dann wird man seine Bemühungen
so lange aufrechterhalten, bis man
Einige lernrelevante Bezüge des
NLP – neue Perspektiven für
pädagogische Konzepte
Wie schon aus der Beschreibung der be-
sonders interessierenden Personengrup-
pen ersichtlich, wird dem „Können“ im
NLP große Aufmerksamkeit gewidmet.
Dabei stehen jedoch nicht im engeren
Sinne Wissensinhalte oder Fertigkeiten im
Mittelpunkt, die „gekonnt“ werden sol-
len, sondern „Können“ wird im NLP eher
als eine verhaltensmäßige Kategorie inter-
pretiert, die sich damit beschäftigt, wie
Menschen ihr Verhalten organisieren, da-
mit sie etwas können können. Es geht also
eher um die „Umrahmungen“ von Hand-
lungen, die – so die Behauptung – wesent-
lich stärker und nachhaltiger den Erfolg
bestimmen, als die Inhalte im engeren
Sinne: Es geht um Beziehungen und um
die Struktur von Beziehungen, um deren
Form, nicht um die Inhalte des Erlebens
(vgl. Bandler / MacDonald 1990, S. 42;
vgl. auch Watzlawick 1988, S. 19).
Einige Beispiele mögen diese Sachver-
halte erläutern:
n Wenn ein Mensch mit hohen An-
sprüchen konfrontiert wird, die er an
sich selbst stellt oder die man ihm ab-
verlangt, aber nicht daran glaubt, die-
sen Ansprüchen gerecht werden zu
können, dann werden seine sämtli-
chen Bemühungen von vornherein
zum Scheitern verurteilt sein. Denn
sein Glaube, seine Glaubenssätze wer-
den „wie Befehle“ wirken und dazu
führen, daß das, woran er letztlich
glaubt, auch eintreffen wird. Dieser
Sachverhalt hat dazu veranlaßt, daß
im NLP auch den Glaubensüberzeu-
gungen von Menschen große Beach-
tung geschenkt wird, weil der Erfolg
(das Gelingen oder Können) immer
auch vom Glauben abhängt (vgl. Dilts
1993; Jochims 1995; Bandler 1995).
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